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Lebensweise und Wirken im III. Orden

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Im Abschnitt „Lebensweise des hl. Franziskus“ wurde über die Lebensweise des hl. Franziskus gesprochen. Ist denn deshalb dieses Thema mit der Überschrift „Lebensweise und Wirken im III. Orden“ nicht überflüssig? Diese Fragestellung ist sicher oberflächlich betrachtet berechtigt.

Das Gegenteil kommt aber zum Vorschein, wenn wir unsere Regel lesen. Wie bereits einmal erwähnt, gilt der Brief an die Gläubigen I unseres Ordensvaters Franziskus als erste Regel. Auf diesen Brief, unsere Regel, deren Inhalt und den Zusammenhang mit dem Brief an die Gläubigen II, wird im nächsten Thema näher eingegangen.

Noch zu Lebzeiten des hl. Franziskus war sein Dritter Orden über ganz Europa verbreitet. Reuige Sünder und aufrichtige Büßerinnen, gerade so wie ernste Männer und sittenreine Frauen, alte und junge Menschen traten mit Eifer und voller Begeisterung diesem neuen Orden des Heiligen von Assisi bei. Aus allen Schichten kamen sie und wollten Mitglied im III. Orden werden. Es ist fast wunderbar, mit welch großer, gleichsam ungestümer Zuneigung alles Volk, hoch und nieder, zu Franziskus sich hingerissen fühlte. Deshalb fragte auch einer der ersten Ordensbrüder des hl. Franziskus diesen: „Warum läuft doch alle Welt dir nach?“ Alle wollten die Lebensweise des Heiligen. Dies ist umso erstaunlicher, wenn wir die erste Regel eingehend studieren und dazu das Leben des hl. Franziskus als Vorbild nehmen, betrachten und versuchen mit unserem, mit meinem Leben zu vergleichen.

Die erste Regel wurde immer mehr der Zeit angepasst. Trotzdem überrascht uns heute sicher die im Jahre 1917 gültige Regel in einigen Punkten. So heißt es in § 1: Die Mitglieder des Dritten Ordens sollen in ihrer Kleidung und ganzen Lebensweise alle kostspielige Pracht vermeiden und jene richtige Mitte einhalten, welche sich für die einzelnen geziemt. Von Tänzen und schlüpfrigen Schauspielen, sowie von Zechgelagen sollen sich äußerst sorgfältig fernhalten (§ 2). Die Ausdrucksweise zur damaligen Zeit entspricht natürlich nicht mehr der unseren. Trotzdem aber ist auch für uns das Leben und das Vorbild des hl. Franziskus Maßstab unserer Lebensweise.

Im 2. Kapitel der Regel ist die Lebensweise näher bezeichnet. Um dieses Kapitel für uns zu verdeutlichen und verständlicher zu machen, müssen wir das 2. Kapitel der Konstitutionen beiziehen, die am 6. Februar 2001 in Kraft getreten sind. Die Mitglieder verpflichten sich durch das Versprechen, das Evangelium in franziskanischer Spiritualität in der Welt zu leben. Ein Motiv in den III. Orden einzutreten ist, dass der Betreffende sein Christenleben intensiver gestalten will. Die Regel und die Konstitutionen verlangen von jedem Mitglied z. B. einen guten Lebenswandel, einen friedlichen Charakter, Treue im katholischen Glauben, zur Kirche und zum Papst, Friedfertigkeit und eine gesunde religiöse Praxis. Die Liebe ist das Hauptgebot, denn ohne die Liebe gibt es keinen Fortschritt im geistlichen Leben. Das Christsein und der franziskanische Geist bauen auf diese Tugend.

In unserem Leben muss Christus die Achse werden, um die sich das ganze Leben des Tertiaren / Tertiarin dreht. Wir können an Christius nicht mehr vorbeigehen und nicht vorbeileben. Um das zu erreichen, brauchen wir das Bewusstsein der inneren Armut, eine wirkliche Liebe zum Gekreuzigten. Für unser Leben im III. Orden hat uns der hl. Franziskus in seinen Ermahnungen einige Kapitel gleichsam als Rezept gegeben.

So weist der hl. Franziskus in seiner 8. Ermahnung auf den Neid hin, wenn er dieses Kapitel überschreibt: Von der Sünde des Neides, die man meiden soll. Weitere wichtige Tugenden, die ein franziskanisches Leben prägen, führt Franziskus in seinen Ermahnungen mit den Kapiteln 13, 14, 15 und 18 auf. In Kapitel 13 – Von der Geduld – schreibt er: Der Knecht Gottes kann nicht erkennen, wie große Geduld und Demut er in sich hat, wenn alles nach seinem Wunsch geht. Wenn aber eine Zeit kommt, dass jene, die seinen Wünschen entsprechend handeln müssten, ihm das Gegenteil antun: was er dann an Geduld und Demut hat, das hat er und nicht mehr.

Jeder weiß, dass für Franziskus die Armut eine entscheidende Rolle in seinem Leben spielte. Er gab seine Kleider seinem Vater auf dem Platz vor dem Bischofshaus in Anwesenheit des Bischofs zurück und lebte dann auch mit seinen Mitbrüdern in materieller Armut. Franziskus hat die Armut erwählt und er spricht im 14. Kapitel von der Armut im Geiste, ein wesentlicher Punkt in seinem geistlichen Leben. Nahtlos geht Franziskus in seinem nächsten Kapitel auf den Frieden über. Frieden – ein Teil der Seligpreisungen, denn dort heißt es im Matthäus-Evangelium: Selig die Friedfertigern, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. In der 15. Ermahnung geht Franziskus auf die Seligpreisung Selig die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen ein.

Alle diese Ermahnungen unseres Ordensvaters sind zentrale Punkte, auf die er uns besonders hinweist und den Inhalt darstellen, wenn wir beim Ablegen des Versprechens erklären: „Ich verspreche in meinem Lebensstande … das Evangelium Jesu Christi und nach der Regel … zu leben …“.

Wir gehen in unserem Alltag aber auch den Spuren Christi nach. Wir leben von den Sakramenten. Bevor wir wie Christus handeln können, müssen wir vereint sein mit ihm. Das sakramentale Leben ruft nach der Nachfolge Christi. Nur ein solides sakramentales Leben ist die feste Grundlage für eine wahre Nachfolge. Ohne die Einheit mit Christus könnten wir ihn nur äußerlich kopieren. Wir müssen sehr auf unseren Stand der Gnade, die Lebensgemeinschaft mit Christus achten. Nachfolge Christi bedeutet die vornehmste Pflicht des Tertiaren und fasst das ganze franziskanische Leben zusammen. Die Brüder und Schwestern von der Buße machen aufgrund ihrer Berufung und angetrieben durch die lebendige Kraft des Evangeliums ihr Denken und Handeln dem Beispiel Christi gleichförmig (Regel 2.7).

Dies erreichen sie durch bedingungslose und vollkommene innere Umkehr, im Evangelium metanoia genannt. Auf diesem Weg der Erneuerung ist das Sakrament der Beichte eine Quelle der Gnade. Für unser Leben im III. Orden gilt ebenso wie für die Brüder des hl. Franziskus zu seiner Zeit:

Die Lehre und das Beispiel unseres Herrn Jesus Christus zu befolgen und das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus zu beobachten.

Datum: 04.01.2013
Autor: Andreas Röhrer