Der Kernpunkt, welcher wie ein klarer Kristall aus dem ganzen Evangelium unseres Herrn Jesu Christi herausleuchtet, kann mit zwei Worten gekennzeichnet werden: Glaube an Gott und Liebe zu Gott. In der Liebe zu Gott ist auch die Liebe zum Nächsten enthalten. Darin besteht der Geist des Evangeliums, und das ist auch der Geist, welcher aus der Regel des Dritten Ordens / Franziskanische Gemeinschaft spricht. Dies will Franziskus in den Mitgliedern seines Dritten Ordens für die Weltleute wecken.
Vom Beispiel des heiligen Franziskus her verstehen wir, warum die Regel Treue im katholischen Glauben und zum Papst verlangt. Deshalb hat auch Papst Leo XIII. gesagt: „Der Geist des heiligen Franziskus ist in hervorragender Art der christliche Geist und passt wunderbar für alle Zeiten und überal“. Dieser Forderung der Regel entsprechen wir in der Haltung des Glaubens, wenn wir im Credo beten Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Diese Forderung ergänzt sich durch die Haltung der Liebe zur Kirche und in der Kirche. Beispielgebend war der hl. Franziskus ganz und gar durchdrungen von der Liebe und Anhänglichkeit an unsere heilige Kirche. Dies hat er besonders betont in seiner Regel für seinen I. Orden, als er erklärt: „Bruder Franziskus verheißet Gehorsam dem Herrn Papst Honorius und seinen Nachfolgern, welche es den Kirchensatzungen gemäß sein werden und der römischen Kirche“. Der hl. Franziskus erkannte demnach, dass er seinem Orden der Minderbrüder eine Regel geben muss und erbat beim Papst die Bestätigung. Diese gewährte ihm auch der Papst.
Angelehnt an die Regel für den I. Orden entstand gleichsam die Regel für den III. Orden, die unter anderem durch das Rundschreiben des Hl. Vaters Leo XIII. vom 30. Mai 1883 neu festgesetzt und gemildert wurde. Eine weitere Milderung erfuhr die Regel, die Papst Paul VI. am 24. Juni 1978 bestätigte. Diese Regel gilt für die ab dieser Zeit im deutschsprachigen Raum so genannte Franziskanische Gemeinschaft. Die Übersetzung von den Generalministern des Franziskusordens ist am 29. Juni 1979 approbiert worden.
Die jetzt geltende Regel für die Tertiarinnen und Tertiaren des III. Ordens ist in vier Abschnitte aufgeteilt. Insgesamt stellt sich die Regel dar in
- Apostolisches Bestätigungsschreiben
- Schreiben der vier Generalminister
- Regel des Ordo Franciscanus Saecularis
- Mahnung des hl. Franziskus an die Brüder und Schwestern von der Buße
- Der Ordo Franciscanus Saecularis
- Die Lebensweise
- Das Leben in der Gemeinschaft.
Im Kapitel 1. Der Ordo Franciscus Saecularis ist die Eigenschaft des III. Ordens innerhalb der weltweiten franziskanischen Familie erklärt. Auf Weltebene ist die offizielle Bezeichnung des OFS :
- Ordo Franciscanus Saecularis (OFS),
- Fraternitas Franciscana Saecularis und
- Tertius Ordo Franciscanus (TOF),
- im deutschen Sprachraum auch Franziskanische Gemeinschaft (FG).
Die derzeitige Regel ist nach Kapitel 1.3 unter Berücksichtigung der veränderten Zeitverhältnisse den Erfordernissen und Erwartungen der heiligen Kirche angepasst. Wichtig ist dabei, dass die Auslegung der Regel Sache des Heiligen Stuhles ist. Die Anpassung der Regel an die veränderten Zeitverhältnisse bedeutet aber nicht, und das ist besonders klar zu stellen, dass sie von Franziskus abweicht.
Im Kapitel 2 , das mit Die Lebensweise betitelt ist, heißt es deshalb in der Regel 4: Regel und Leben der Brüder und Schwestern im OFS ist dieses: Das Evangelium unseres Herrn Jesus Christ zu beobachten nach dem Beispiel des hl. Franziskus von Assisi, der Christus zur geistlichen Mitte seines Lebens vor Gott und den Menschen machte.
In der Regel 6 ist nach wie vor die Treue zum Papst, also die volle Einheit mit der Kirche, festgeschrieben.
Weitere Punkte der Regel sind:
- die ständige Umkehr – der Weg dazu ist das Sakrament der hl. Beichte –,
- die Teilnahme am sakramentalen Leben der Kirche,
- die besondere Liebe und Verehrung der Jungfrau und Gottesmutter Maria,
- das Mühen im Geiste der Seligpreisungen,
- die Demut,
- die Armut,
- die Friedfertigkeit
- usw.
Im 3. Kapitel der Regel Das Leben in der Gemeinschaft ist u. a. festgehalten, dass jede örtliche Gemeinschaft, z. B. also die Franziskanische Gemeinschaft Bamberg, kanonisch errichtet wird. Dies erfolgte bei uns bereits vor 190 Jahren. Weiter ist in diesem Kapitel ausgeführt, wie der OFS weltweit gegliedert ist.
Den Abschluss der Regel bildet der Segen des hl. Franziskus aus dem Testament: „Und ein jeder, der dies beobachtet, werde im Himmel erfüllt mit dem Segen des höchsten Vaters und werde auf Erden erfüllt mit dem Segen seines geliebten Sohnes in der Gemeinschaft mit dem Heiligsten Geiste, dem Tröster …“.
Zur Verdeutlichung und Verständlichmachung der Regel gibt es die Konstitutionen, die mit Schreiben vom 6. Februar 2001 in Kraft getreten sind. Bei den Konstitutionen handelt es sich zunächst um Vorschriften zur Ergänzung , als auch um Auslegung und Hilfestellung zur Regel, d. h. dass sich viele Artikel auf die Regel und die restlichen Artikel auf den organisatorischen Bereich des OFS besonders hinsichtlich des Verwaltungsaufbaues beziehen.
Im 2. Kapitel – Die Lebensweise – Artikel 8 heißt es: „Die Mitglieder verpflichten sich durch das Versprechen, das Evangelium in franziskanischer Spiritualität mitten in der Welt zu leben“ und dabei entsprechend der Regel 7 „auf dem Weg fortwährender Erneuerung durch Umkehr und Bildung” (vgl. Art. 13).
Art. 12 fasst kurz nochmals das Lebensideal der Schwestern und Brüder zusammen: „Inspiriert vom Beispiel und den Schriften des hl. Franziskus und beschenkt mit der Gnade des Heiligen Geistes verwirklichen sie täglich treu das große Geschenk, das uns Christus gemacht hat: die Offenbarung des Vaters. Sie geben von diesem Glauben vor den Menschen Zeugnis im Leben ihrer Familie, bei ihrer Arbeit, in ihren Freuden und Leiden, in ihren Begegnungen mit allen Männern und Frauen, in ihrer Präsenz und Teilhabe am sozialen Leben, in ihren geschwisterlichen Beziehungen zu allen Geschöpfen“.
Zu Maria, der Mutter Jesu, bemühen alle sich Mitglieder um eine innige Liebe, um Nachahmung, Gebet und kindliche Hingabe. Sie versuchen weiter, die Erfahrung des hl. Franziskus, der die Jungfrau Maria zur Führerin seines Wirkens erwählte, in ihrem eigenen Leben zu verwirklichen (Art 16.2).
Auch dem Leben der Gemeinschaft ist ein eigener Abschnitt gewidmet. So heißt es in Art. 53: „Die Gemeinschaft – also alle Schwestern und Brüder – soll als kirchliche Gemeinschaft regelmäßig zur Feier der hl. Messe zusammenkommen. Die Zugehörigkeit zu einer örtlichen Gemeinschaft und die Teilnahme am Leben dieser Gemeinschaft sind unabdingbar für die Mitgliedschaft im OFS.“
Jedes Mitglied ist für die Gemeinschaft verantwortlich. Ihre Lebensfähigkeit und ihre Ausstrahlungskraft hängen davon ab, wie viel jeder einzelne einbringt. In dem Maße, wie jeder seine franziskanische Berufung zu leben versucht, stärkt er die ganze Gemeinschaft in der Treue und Großzügigkeit, ebenso wie die Lauheit eines einzelnen als Belastung wirkt. Es ist deshalb notwendig, die Regel immer im Zusammenhang mit den Konstitutionen zu lesen, um die Regel richtig und dementsprechend im eigenen Leben befolgen zu können.
Über die weltliche Organisation wird im letzten Abschnitt näher eingegangen.
Datum: 04.01.2013
Autor: Andreas Röhrer